Posts Tagged ‘Sozialpolitik’

Westerwelle: „Die werden von uns kein Geld bekommen“

05. September 2009

westerwelle1In einem Interview mit der Saarbrücker Zeitung äußert der FDP-Chef Guido Westerwelle, die „Treffsicherheit des Sozialstaates“ müsse größer werden, es gebe „kein Recht auf staatlich bezahlte Faulheit.“ Der große gelbe Vorsitzende beschwert sich über in Talk-Shows sitzende Arbeitslose, die alle schwarz arbeiten und „noch das Publikum dafür beschimpfen, dass es morgens aufsteht und zur Arbeit geht.“

(Nebenbei bemerkt: Ein interessanter Einblick in die Fernseh-Gewohnheiten unseres Ober-Liberalen).

Westerwelles knallhartes Fazit: „Die werden von uns kein Geld bekommen!“

In den Augen von Guido Westerwelle sind also die meisten der ca. 8 Mio. Erwerbslosen und Hartz-IV-EmpängerInnen faule, dem Staat auf der Tasche liegenden, in Talkshows das Publikum beschimpfende, arbeitsscheue Schwarzarbeiter; eine Gefahr, vor der Deutschland und insbesondere der so genannte „Mittelstand“ beschützt werden muss.  Die Sicherung des bloßen Existenzminimums ist als „fehlende Treffsicherheit“ des Sozialstaates zu betrachten.
Gut zu wissen: Erwerbslosigkeit und Armut haben keine strukturellen Ursachen, schuld sind die Betroffenen. Willkommen in Guidos kleiner Welt!

Auch die im selben Interview getroffenen Aussagen zum Thema Krankenversicherung sind sehr aufschlussreich. Sich gegen den „Kassensozialismus“ wendend kündigt der FDP-Chef an, es gebe im Falle einer liberalen Regierungsbeteiligung „freie Versicherungswahl, freie Leistungswahl, freie Tarifwahl.“
Freie Tarif- und Leistungswahl: Wer also den entsprechenden Tarif für eine notwendige Leistung nicht zahlen kann, weil sie oder er immer faul und schwarzarbeitend in irgendwelchen Talkshows das Publikum anpöbelt, deswegen kein Geld mehr erhält, bekommt auch keine medizinische Versorgung mehr. Interessant.

Lustig ebenso die Antwort -nach Steuererhöhungen gefragt- des Guido W.: „Schon bei dem Wort Steuererhöhungen bin ich taub. Auf beiden Ohren.“
Die, zumindest das Geistige betreffend, längst durch bloße Anschauung verifizierte Taubheit des Herrn Westerwelle in allen Ehren – ich hoffe unser Liberalen-Führer wird nicht auch noch stumm. Bin nämlich gespannt darauf, wie Guido Westerwelle nach der Wahl, sollte die FDP in irgendeiner Konstellation an der Regierung beteiligt sein (und wir alle wissen, welche ist denen letztlich herzlich egal), die Erhöhung der Mehrwertsteuer rechtfertigen wird – wie jüngst schon offen parteiintern diskutiert.

Begleitung für Betroffene bei ARGE-Termin

30. August 2009

Linke_HartzIV_abwaehlen

Am kommenden Dienstag, den 01. September, veranstaltet DIE LINKE einen Infostand vor der ARGE in der Ritterstraße in Rendsburg. Es soll über die Positionen sowie die Kandidatinnen und Kandidaten der LINKEN zur Bundestags- und Landtagswahl informiert werden.

Der Bundestags-Direktkandidat der LINKEN, Stefan Karstens, wird bei der Veranstaltung anwesend sein und sich den Fragen der Wählerinnen und Wähler stellen. Um die Forderungen nach einer Abschaffung der unsozialen und repressiven Hartz-IV-Gesetze mit Taten zu untermauern wird Stefan Karstens auf Wunsch Betroffenen zu Terminen in der ARGE begleiten.

Wer eine solche Begleitung am Dienstag wünscht möge sich vertrauensvoll an post@stefan-karstens.de oder an die Nummer (0151) 50 13 38 30 wenden.

„Hartz IV ist Armut per Gesetz und gehört abgeschafft“, so Karstens. „Nur DIE LINKE steht für die Einführung einer repressionsfreien, existenzsichernden Grundsicherung und gegen die herrschende Verarmungspolitik. Um dabei zu helfen, Rechtsansprüche durchzusetzen und als Zeuge gegen Behördenwillkür zu wirken, werde ich am Dienstag in Rendsburg Betroffene bei ihren ARGE-Terminen begleiten.“

Offenes Antwortschreiben zur Rente mit 67

17. Juli 2009

rente01Offenes Antwortschreiben auf entsprechende Anfragen von Betriebsräten und Vertrauensleuten der IG Metall aus verschiedenen Betrieben im Großraum Kiel:

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

vielen Dank dass ihr mit eurem Schreiben an mich herangetreten seit und mir die Möglichkeit gebt, zur aktuellen Rentenpolitik und den Forderungen der Partei DIE LINKE Stellung zu beziehen.

Die schrittweise Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67 muss als das gesehen werden was es ist: Eine massive Rentenkürzung. Niemand geht ernsthaft davon aus, dass Menschen tatsächlich bis zum 67. Lebensjahr arbeiten. Vielmehr soll durch die Erhöhung des Renteneintrittsalters erreicht werden, dass immer mehr Erwerbstätige frühzeitig in Rente gehen und entsprechende Abschläge in Kauf nehmen müssen. Nach aktueller Regelung beträgt dieser Abschlag 0,3 % pro Monat frühzeitigen Renteneintritts – derzeit gedeckelt auf maximal 10,8 % Abschlag, welcher letztlich schon bei einem Rentenbeginn mit 64 Jahren zutreffen würde. Die Rente mit 67 soll dafür sorgen, dass einfache Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer alleine von ihrer gesetzlichen Rente im Alter nicht mehr Leben können.

Dies hat Gründe: Durch die bewusste Schwächung der gesetzlichen Rentenversicherungs-systeme sollen die Erwerbstätigen dazu genötigt werden – wie es so schön heißt – private Altersvorsorge zu betreiben. Der große Reibach für Versicherungen und Finanzwirtschaft, viel Geld einfacher Leute um an den Börsen dieser Welt hemmungslos verzockt zu werden. Was bei einem solchen Spiel mit wenigen Gewinnern rauskommt dürfen wir gerade ausbaden. Sicherungszusagen der Bundesregierung helfen dabei nur sehr bedingt: Diese gelten nur für tatsächlich eingezahlte Gelder, abzüglich der teilweise horrenden „Verwaltungsgebühren“; keinesfalls aber für die einst abgegebenen Renditeversprechungen der Versicherer, auf der so manche private Altersvorsoge beruht. Wirklich abgesichert sind durch solche Zusagen nur die Versicherungen selbst, zu Lasten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Den ehemaligen Arbeits- und Sozialminister Walter Riester (SPD), Erfinder der gleichnamigen Rente, wird dies freuen: Nach seinem Ausscheiden aus dem Bundestag wird er am 01. Oktober als Aufsichtsrat bei der Union Investment-Gruppe anfangen, einem der größten Anbieter privater Rentenversicherungen in Deutschland.

Im Rahmen der Rentendebatte wird gerne mit weiteren Unwahrheiten operiert. Eine hiervon ist dass so genannte „Beitragsdogma“ – der Grundsatz, dass der Rentenbeitrag keinesfalls über 20% (10% Arbeitgeber/10% Arbeitnehmer) steigen dürfe, um Kaufkraft und Beschäftigung nicht zu gefährden. Nicht erwähnt wird hierbei, dass die realen Aufwendungen für die Alterssicherung inklusive privater Vorsorge bei einem Erwerbstätigen der seinen Lebensstandard im Alter erhalten möchte bereits heute bei ~ 18% des Bruttomonatseinkommens liegen. Wo hier zusätzliche Kaufkraft herkommen soll bleibt ein Rätsel. Es werden einseitig die Arbeitgeber entlastet. Zusätzliche Beschäftigung hat dies mitnichten gebracht: Alleine in den vergangen fünf Jahren sind mehr als 900 000 Vollzeitarbeitsplätze vernichtet worden, Tendenz zunehmend.

Ebenso wird gerne vor der „demographischen Katastrophe“ gewarnt, der Tatsache dass immer weniger Junge immer mehr Alte versorgen müssten. Nicht gesagt wird hierbei, dass die geringen gegenwärtigen Einnahmen der gesetzlichen Rentenversicherungen hauptsächlich in der hohen Arbeitslosigkeit und prekären Beschäftigungsverhältnissen (insbesondere junger Leute!) begründet liegen, heute schon die Zahl der Nicht-Arbeitenden die Zahl der Arbeitenden übersteigt – und dieses auch schon seit Jahrzehnten der Fall ist, ebensowenig dass bereits heute die Arbeitsproduktivität so hoch ist, dass ganz andere Wochen- und Lebensarbeitszeiten möglich wären. Bei Vollbeschäftigung, demokratischer Organisation des Wirtschaftslebens und ohne die Maximalprofite weniger, wohlgemerkt.

Um die gegenwärtige Rentenpolitik – deren Ursachen bereits in der schwarzgelben Bundesregierung des Helmut Kohl liegen, unter rot-grün munter weitergetrieben wurden und nun von der Großen Koalition fortgesetzt werden – auf den Punkt zu bringen (man möge mir die deutliche Ausdrucksweise verzeihen): Ihr werdet beschissen, wir alle werden beschissen!

Als Bundestagskandidat der LINKEN werde ich mich im Falle meiner Wahl folgendes vertreten und auch im Falle meiner Nicht-Wahl weiter dafür kämpfen:

Gegen Privatisierung und Armenfürsorge setzt DIE LINKE auf starke öffentliche Solidarsysteme und deren verlässliche und gerechte Finanzierung. Durch unsere Vorschläge wollen wir Sicherheit für die Lebensplanung ermöglichen, den Lebensstandard verbessern und zu einem nachhaltigen Abbau von Armut und sozialer Ausgrenzung beitragen. Gute Arbeit und eine gerechte Finanzierung sind die Voraussetzungen für den in unserem Grundgesetz festgeschriebenen Sozialstaat. Wer gute Arbeit hat, kann ausreichende Ansprüche auf soziale Sicherungsleistungen aufbauen. Wenn gute Arbeit und Löhne wachsen und nicht Minijobs, Ein-Euro-Jobs sowie prekäre Beschäftigung, haben die Sozialkassen mehr und ausreichend Geld zur Verfügung. Wenn Arbeitgeber paritätisch und Besserverdienende ohne Beitragsbemessungsgrenze an der Finanzierung der sozialen Sicherung beteiligt sind, können gute Leistungen und sozialer Ausgleich bezahlt werden.

DIE LINKE fordert einen grundsätzlichen Kurswechsel in der Rentenpolitik:

  • die gesetzliche Rentenversicherung zu einer solidarischen Erwerbstätigenversicherung umbauen: Selbstständige, Beamtinnen und Beamte, Politikerinnen und Politiker einbeziehen; die Beitragsbemessungsgrenze aufheben, die damit verbundene Rentenerhöhung abflachen und den Spielraum für eine solidarische Umverteilung vergrößern; auf dieser Basis die staatliche Unterstützung der privaten Vorsorge einstellen, die erworbenen Ansprüche und die staatlichen Fördermittel überführen;
  • das öffentliche Solidarsystem der gesetzlichen Rente stärken: den Lebensstandard im Alter sichern und langjährigen Beitragszahlerinnen und -zahlern eine Rente deutlich oberhalb des Grundsicherungsniveaus bieten; sämtliche Kürzungsfaktoren aus der Rentenformel streichen, damit die Rente wieder der Lohnentwicklung folgt;
  • Solidarausgleich in der gesetzlichen Rente stärken: Zeiten von Erwerbslosigkeit, Kinderbetreuung – auch vor 1992 –, Pflege und niedrigen Löhnen aufwerten, um Altersarmut zu verhindern; eine eigenständige Alterssicherung für Frauen stärken;
  • Renteneintrittsalter senken: die Rente erst ab 67 wieder abschaffen und flexible Ausstiegsmöglichkeiten ohne Abschläge vor dem 65. Lebensjahr schaffen; die Förderung der Altersteilzeit durch die Bundesagentur für Arbeit fortsetzen und einen erleichterten und abschlagsfreien Zugang zu Erwerbsminderungsrenten eröffnen; Berufsunfähigkeitsrente wieder einführen.

Die Verwirklichung solcher Veränderungen wird nicht alleine von einer starken LINKEN in den Parlamenten abhängen, mindestens ebenso wichtig sind organisierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit ihren starken und offensiven Gewerkschaften. Ob die nächste Bundesregierung eine schwarzgelbe, eine „Ampel“, „Jamaika“ oder doch wieder eine Große Koalition sein wird: Soziale Grausamkeiten sind vorprogrammiert, die ungedeckten Milliardenschecks für die Bankenrettung werden platzen. Der Stopp weiteren Sozial- und Gerechtigkeitsabbaus wird auf der Straße und in den Betrieben erkämpft werden müssen!

Mit solidarischen Grüßen

Stefan Karstens

(Direktkandidaten für DIE LINKE im Bundestagswahlkreis 04 – Rendsburg-Eckernförde)

P.S.: Auch bei den anstehenden vorgezogenen Landtagswahlen in Schleswig-Holstein wird nur eine starke LINKE im Landtag eine schwarzgelbe Koalition in ihrer arbeitnehmerfeindlichen Politik verhindern und/oder bremsen können. Dass die SPD hierzu nicht in der Lage ist (oder gar nicht in der Lage sein will) hat sie in den zurückliegenden Jahren eindrucksvoll unter Beweis gestellt.